Jeder kann jederzeit ohne eigenes Dafürtun mit juristischen Schwierigkeiten konfrontiert werden. Exemplarisch hierfür seien Situationen genannt, in denen ein Käufer feststellen muss, dass es sich bei dem erworbenen Auto um ein "Montagsauto" handelt, oder in denen ein Mieter eine für ihn nicht nachvollziehbare Betriebskostenabrechnung erhält, die ihn mit einer hohen Nachzahlungsaufforderung überrascht.
Es ist nachvollziehbar, dass sich diese Personen "im Recht" fühlen. Dieses Gefühl kann zutreffend sein (wie etwa bei dem Fall mangelhaften PKW), muss es aber nicht (so kann z.B. eine mietrechtliche Betriebskostenabrechnung bei Fehlen bestimmter Mindestangaben so unverständlich sein, dass sie formell unwirksam ist; sie kann aber juristisch korrekt sein, wird bloß vom betreffenden Mieter nicht verstanden).
In meiner alltäglichen Berufspraxis erlebe ich es immer wieder, dass die Betroffenen in solchen Situationen zunächst einmal auf die Beauftragung eines Rechtsanwalts verzichten und die Entscheidung treffen, sich selbst um die Durchsetzung ihrer vermeintlichen Ansprüche zu kümmern. Oftmals liegt dem die Überlegung zu Grunde, dass es ja wohl nicht nötig sei, einen "teuren" Rechtsanwalt zu mandatieren, wenn man ohnehin im Recht ist.
Nur allzuoft erweist sich dies im Nachhinein aber als Trugschluss:
In meinem mietrechtlichen Beispiel liegt dies auf der Hand: Ist die Beitriebskostenabrechnung wirksam, wird bloß vom Mieter nicht verstanden und verweigert er deshalb die Nachzahlung, kann der Vermieter die Nachzahlung gerichtlich durchsetzen. Dem Mieter werden dann zusätzlich zur Nachzahlung die Verfahrenskosten auferlegt, die sicherlich den Betrag übersteigen würden, den er für eine anwaltliche Prüfung der Betriebskostenabrechnung aufzuwenden gehabt hätte.
Aber auch in meinem Beispiel des mangelhaften PKW kann der Schuss nach hinten losgehen: Zwar können dem Käufer hier kaufrechtliche Gewährleistungsansprüche zustehen, dennoch kann er seine rechtliche Position durch falsches taktisches Vorgehen selbst schwächen. Erklärt er beispielsweise voreilig den Rücktritt vom Kaufvertrag, ohne vorher eine angemessene Nacherfüllungsfrist gesetzt zu haben, wird sich dies als unwirksam erweisen.
Juristisch könnte dem Betroffenen zwar auch dann noch geholfen werden, aber auch hier kann dies dazu führen, dass ihm nicht unerhebliche Mehrkosten entstehen, als wenn er gleich zu Beginn einen Anwalt beauftragt hätte.
Letztendlich sind auch Fälle denkbar, in denen sich eine nicht rechtzeitige Anwaltsbeauftragung als fatal erweist: Ein Arbeitnehmer, der nach Erhalt einer Kündigung zu lange zögert, kann die 3-wöchige Klagefrist für eine Kündigungsschutzklage versäumen. In diesem Fall kann ihm dann auch ein Anwalt nur noch mitteilen, dass das Kind in den Brunnen gefallen ist und ihm nicht mehr geholfen werden kann.
Alle diese Fälle belegen, dass der Versuch Anwaltskosten zu vermeiden häufig ein Schuss ist, der nach hinten losgeht. Rückblickend müssen die Betroffenen dann feststellen, am falschen Ende gespart zu haben.
Fazit: In der Regel ist es sinnvoll, sich bei einem juristischen Problem möglichst frühzeitig anwaltlich über die Rechtslage und das weitere Vorgehen beraten zu lassen. |